SPUR ACUROL-N – Reflexionen aus Schweden

SPUR ACUROL-N – Reflexionen aus Schweden

Als siebenjähriger Junge machte ich meine ersten Bilder – mit einer Agfa Clack. Im Alter von zehn Jahren begann ich, Filme zu machen (auf Doppel-8-Film), und am Ende bin ich Kameramann geworden. Aber abgesehen vom Filmen habe ich immer auch Standfotos gemacht. Mit meiner (schwarzlackierten) Leica M3, die ich Narr leider verkauft habe, habe ich In den Sechzigern eine Menge Kodak Tri-X und Plus-X verknipst, und auch so einige Schwarzweißfilme von Adox und ORWO.

Blommor, träd
© 2013 Lars-Göran Hedström. All rights reserved. ADOX CHS 100, belichtet wie ISO 50/18°, SPUR ACUROL-N 1+50, 20° C Entwicklungstemperatur, Entwicklungszeit 9:30 Minuten. Zum Vergrößern klicken

Die Schwarzweißfilme habe ich grundsätzlich selbst entwickelt. Als Entwickler kamen entweder der zuverlässige Kodak D-76 zum Einsatz, oder HC-110. Manchmal habe ich Agfa Rodinal benutzt. In der Dunkelkammer, wo ich Abzüge auf Agfa Brovira Papier anfertigte, war für mich Agfa Neutol die einzige Wahl. In jenen Tagen stellte sich für mich das Problem, daß die fertigen Prints einen starken Kontrast und eine ausgesprochene Körnigkeit aufwiesen – ein Stil, den ich entgegen dem Modetrend der damaligen Zeit nicht leiden konnte. Schwarzweiß war in den Sechzigern auf Korn und Kontrast getrimmt.

Vor ungefähr einem Jahr habe ich entschieden, nach zwölf Jahren Digitalfotografie ein analoges Sabbatjahr einzuschieben. Was mich wirklich inspiriert hat, waren die Veröffentlichungen von Erwin Puts auf seinem Blog „The Tao of Leica“, in denen es um eine deutsche Firma ging, die auf die Herstellung von Schwarzweiß-Negativentwicklern spezialisiert ist. Diese Firma heißt SPUR Photochemie. Heute verfüge ich über einiges an Erfahrung mit SPUR-Entwicklern, insbesondere ACUROL-N. Es handelt sich hierbei um einen Akutanzentwickler, was bedeutet, daß das Korn sehr scharf begrenzt ist. Daraus ergibt sich ein sehr scharfes, detailreiches Bild. Allerdings kann sich bei Akutanzentwicklern im Allgemeinen der Nachteil ergeben, daß durch die hohe Schärfe die Kornstruktur betont wird.

Blommor, träd
© 2013 Lars-Göran Hedström. All rights reserved. Kodak Tmax 400, belichtet wie ISO 250/25°, SPUR ACUROL-N 1+50, 20° C Entwicklungstemperatur, Entwicklungszeit 11 Minuten. Zum Vergrößern klicken

Ich kann zwar nicht von mir behaupten, daß ich sozusagen nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten vorgegangen wäre, aber ich habe eine Menge Schwarzweißfilme verknipst und in SPUR ACUROL-N entwickelt, und zum Vergleich, in Adox Adonal (ist das gleiche wie Agfa Rodinal) und Ilford Ilfotec DD-X. Bei der Arbeit mit ACUROL-N habe ich mich größtenteils an die von SPUR empfohlenen Empfindlichkeitsangaben gehalten, und wenn ich Adonal oder Ilfotec DD-X verwendet habe, an die Empfindlichkeitsangaben mit entsprechenden Verdünnungen der jeweiligen Hersteller. Ich benutze zum Vorwässern – falls notwendig –  grundsätzlich destilliertes Wasser, ebenso wie zum Ansetzen der Arbeitslösungen von Entwickler, Stoppbad und Fixer. Durch diese Arbeitsweise erhalte ich sehr gleichmäßige Ergebnisse ohne Flecken oder andere Artefakte auf den Negativen. Obwohl die Bedingungen, unter denen ich fotografiert und entwickelt habe, nicht immer haargenau gleich waren, habe ich einige  Beobachtungen gemacht.

Adonal und Ilfotec DD-X bringen beide Bilder hervor, die etwas weniger scharf sind als in ACUROL-N entwickelte Bilder, also nicht gestochen scharf. Man sollte denken, die sehr hohe Konturenschärfe von ACUROL-N würde zu einem eher körnigeren Bildausdruck führen. Überraschenderweise ist dies jedoch nicht der Fall! Adonal und Ilfotec DD-X bringen beide körnigere Bilder. ACUROL-N erzielt eine höhere Schärfe mit weniger sichtbarem Korn. Wie in der Herstellerinformation von SPUR beschrieben, liegen die von ACUROL-N hervorgebrachte Feinkörnigkeit und der Tonwertreichtum darin begründet, daß der Entwickler sehr stark verdünnt, und bei geringer Bewegung entwickelt wird. Bisher habe ich Adox CHS 100 und Silvermax, Agfa APX 100 New, Kodak Tri-X und T-Max 400, Ilford Delta 100 und 3200, Rollei Ortho 25 Rollfilm und RPX 400 in ACUROL-N entwickelt, mit immer gleichbleibend herausragenden Ergebnissen. Meine bevorzugten Filme für die Kombination mit ACUROL-N sind bislang Rollei Ortho 25 Rollfilm und RPX 400 sowie Kodak Tmax 400.

Blommor, träd
© 2013 Lars-Göran Hedström. All rights reserved. Rollei Ortho 25 Rollfilm, belichtet wie ISO 12/12°, SPUR ACUROL-N 1+150, 20° C Entwicklungstemperatur, Entwicklungszeit 37 Minuten. Zum Vergrößern klicken

Trotz der Einbuße an Empfindlichkeit und der Tatsache, daß ACUROL-N zum Pushen wenig geeignet ist – zum Pushen greife ich sehr gern auf SPUR PXD zurück – ist dies mein Lieblingsentwickler. Die darin entwickelten Negative geben die Vorzüge meines Leica-Objektivs perfekt wieder: wundervoller Detailkontrast, was meinen Bildern räumliche Tiefe verleiht. Die Grauwerte meiner in ACUROL-N entwickelten Schwarzweißfilme ist subtil nuanciert: die Tonalität ist schöner als bei Verwendung der anderen beiden Entwickler. Adonal und Ilfotec DD-X haben einen breiten Bekanntheitsgrad und werden daher gern verwendet. Beide sind außerdem zum Pushen geeignet. Aber aufgrund der hohen Schärfe, des Detailreichtums und der fein abgestuften Tonwerte sage ich „Ja“ zu ACUROL-N.

Ich scanne grundsätzlich mit meiner Leica M9 und Nah-Summicron 2/50 mm (dem alten) auf dem (alten) Reprostativ Leitz BEOON. In meinen Augen ist der wahrgenommene dynamische Bereich meiner Schwarzweiß-Negative weiter als die Kapazität eines Kamerasensors. Obwohl ich die Leica M Monochrom für die hybride Verarbeitung niemals getestet habe, ahne ich, daß der dynamische Bereich meiner Negative grundsätzlich das Wiedergabespektrum jedes digitalen Kamerasensors übersteigt. Um den Tonwertreichtum meiner Negative im vollen Umfang wiederzugeben, müßte ich Belichtungsreihen aufnehmen und die DNG-Dateien in einer HDR-Software verarbeiten.

Gödesbacka/Stockholm sommar 2013
© 2013 Lars-Göran Hedström. All rights reserved. Agfa APX 100, belichtet wie ISO 100/21°, SPUR ACUROL-N 1+100, 20° C Entwicklungstemperatur, Entwicklungszeit 31 Minuten. Zum Vergrößern klicken

Erwähnenswert ist außerdem, daß ACUROL-N sehr ergiebig ist. Normalerweise ist die Verdünnung sehr hoch; von 1+50 bis 1+200. Das heißt, 250 ml reichen für viele Rollen Film. Tatsächlich ist ACUROL-N der sparsamste Entwickler, den ich jemals benutzt habe. Der Entwickler repräsentiert zweifellos den letzten Stand der Technik.   

Lars-Göran Hedström

sculptingwithlight.blogspot.se

Deutsche Übersetzung des Originaltexts in englischer Sprache: Anita Schain