SPUR HRX-3 New – Erste Eindrücke
Es gibt es eigentlich gute Gründe, um den im Kreise der analogen Fotografen herrschenden Pessimismus ein wenig zu beheben. Die Auswahl an Fotochemie, Film und Schwarzweiß-Fotopapieren von großen wie auch von Nischenherstellern ist umfangreich, und die Qualität hervorragend. Einer dieser Nischenhersteller ist die deutsche Firma SPUR (Speed Photography + Ultrahigh Resolution). SPUR ist hauptsächlich für Schwarzweiß-Negativentwickler bekannt, die für die High-Tech Filme der Gegenwart optimiert sind.
Als Bruce Robbins, der Autor des Blogs „The Online Darkroom“, mich fragte, ob ich nicht einige SPUR-Produkte ausprobieren möchte, habe ich nicht Nein gesagt. Nachdem ich jahrelang hauptsächlich ILFORD ID-11 und KODAK D-76 benutzt hatte, hatte ich zunächst aus schierer Neugier begonnen, meine Entwickler aus Rohchemikalien selber anzusetzen und verschiedene Rezepte miteinander zu vergleichen. Da dachte ich, es wäre keine schlechte Idee, auch einmal einen SPUR-Entwickler auszuprobieren. Der SPUR HRX-3 New ist auf diese Weise in meine Hände gelangt, und hier berichte ich über meine ersten Eindrücke.
Wie man auf dem Bild oben sehen kann, wird SPUR HRX-3 New in zwei Komponenten à 250 ml geliefert (es gibt auch eine 125 ml Version), die als A und B gekennzeichnet sind. Die Verdünnung ist sehr hoch. Im Datenblatt, das Entwicklungszeiten für alle gängigen Filme enthält, ist beispielsweise für KODAK T-MAX 400 eine Verdünnung von 1+20 angegeben. Um 600 ml Arbeitslösung anzusetzen, braucht man demgemäß 600:21=28 ml Stammlösung. Also entnehmen wir mit einer Spritze (natürlich ohne Nadel) 14 ml von Komponente A, dann 14 ml von Komponente B, mischen die Anteile zusammen und füllen dann mit Wasser auf, bis wir das Endvolumen von 600 ml erreichen. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, kann man mit 2 x 250 ml Konzentrat 35 Kleinbildfilme oder 17 Rollfilme entwickeln; zumindest mit meinen Entwicklungsdosen. Im Vergleich reichen 5 Liter ID-11 für nur 16 Kleinbildfilme (1+1 Verdünnung). Mit SPUR HRX-3 New kann man in der Dunkelkammer schon Platz sparen, obwohl dieses Problem sich für mich eigentlich nicht stellt. Solange die Leistung da ist, finde ich für alle Chemikalien Platz.
Nachdem ich schon mit dem ersten Film sehr saubere, einwandfreie Negative erhalten hatte, wußte ich, dass ich diesen Entwickler bedenkenlos verwenden konnte. Die folgenden Fotos sind Scans von 15,5 x 23,3 cm Abzügen aus meiner Dunkelkammer. Da ich zuerst einmal ein Gefühl für HRX-3 New entwickeln wollte, entstanden diese Bilder innerhalb meiner gewohnten fotografischen Routine, unter verschiedenen Umständen und Lichtverhältnissen, zunächst ohne systematische Vergleiche zwischen HRX-3 New und anderen Entwicklern in Betracht zu ziehen.
Das erste Foto machte ich auf dem Taksim-Platz an einem auseinandersetzungfreiem Sonntag, mitten im Juni-Widerstand. Der Taksim-Platz war an diesem Tag von zehntausenden Menschen bevölkert. Ein ausgebrannter Bus diente mehr dem szenischen Effekt.
Für dieses Foto habe ich eine Kleinbild-Meßsucherkamera mit 28 mm Objektiv benutzt.
Obwohl es sehr schwierig ist, die Feinheiten eines Abzuges auf einen Bildschirm zu übertragen, möchte ich hier doch einen 1200 dpi Ausschnitt zeigen, der vielleicht einen besseren Eindruck von Details und Korn vermittelt.
Dem Datenblatt HRX-3 New zufolge ist der KODAK T-MAX 400 wie 320 ASA zu belichten. Um etwas mehr Details in den Schatten zu erhalten, belichte ich den T-MAX 400 jedoch seit hinreichend langer Zeit wie 200 ASA, so auch die hier abgebildeten Fotos. Das in puncto Zeit und Kipprhythmus nach Datenblatt entwickelte Negativ ist sauber, schleierfrei und detailreich.
Es folgt ein Foto, das ich in sehr hartem Licht mit einer 6×6 Rolleiflex TLR aufgenommen habe:
Das Mittelformatnegativ weist einen immensen Detailreichtum auf:
Trotz des harten Lichts ist das Negativ problemfrei. Interessanterweise sind in dem Abzug, den ich weder abgewedelt noch nachbelichtet habe, die Lichter nicht ausgebrannt, und die Schatten verfügen noch über guten Detailkontrast.
Zuletzt ein Foto, das ich zuhause in natürlichem, aber kontrolliertem Licht aufgenommen habe:
Das Negativ ist wie immer einwandfrei:
Weil es mir sehr gefiel, wie die Lilie von innen heraus zu glühen schien, habe ich einen weiteren Abzug auf dem wundervollen ILFORD MULTIGRADE ART 300 Papier gemacht:
Das dicke Ende kommt allerdings zuletzt: SPUR Produkte sind in der Türkei bislang leider nicht erhältlich. Man kann zwar versuchen, übers Internet aus dem Ausland zu bestellen, aber was dann im türkischen Zoll geschieht, kann niemand vorhersagen. Das von SPUR aus Deutschland direkt an mich adressierte Paket ging zwar ohne Probleme durch; ob es sich hierbei allerdings um Glück oder Fügung gehandelt hat, weiss wohl nur Zeus.
Omar Özenir
Lesen Sie diesen Artikel von Omar Özenir auf seinem Blog Gel-Dur-Kal auch in türkischer Sprache.