SPUR ACUROL-N und KODAK D-76 im Vergleich

SPUR ACUROL-N und KODAK D-76 im Vergleich

Der schottische Journalist und Foto-Blogger Bruce Robbins setzt sich kritisch mit dem Thema ACUROL auseinander:

Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich über den neuen Spürsinn Entwickler HCD new berichtet, der neuerdings bei AG Photographic erhältlich ist, und hatte Heribert Schain von SPUR zu diesem Thema per eMail interviewt. [Heribert Schain hat Spürsinn HCD new entwickelt.] Nachdem ich dieses Interview auf meinem Blog veröffentlicht hatte, stellte Heribert Schain mir freundlicherweise einige Entwickler zum Testen zur Verfügung. Der erste Entwickler, den ich getestet habe, ist SPUR ACUROL-N.

ACUROL-N ist ein Schwarzweiß-Entwickler, der nach den Angaben des Herstellers scharf und feinkörnig und außerordentlich lange haltbar ist. Da besonders die Kombination mit ILFORD DELTA 100 empfohlen wird, habe ich für meinen Test ILFORD DELTA 100 KB bei Nennempfindlichkeit belichtet. Zum Vergleich habe ich den guten alten KODAK D-76 gegen SPUR ACUROL-N antreten lassen – einen Entwickler, der von jeher hervorragend mit dem ILFORD Film harmoniert hat.

Den Test habe ich folgendermaßen durchgeführt: Um Körnigkeit und Konturenschärfe zu testen, habe ich die Aussicht aus einem Fenster im ersten Stockwerk fotografiert, und zwar mit einem wunderbar scharfen Yashica 100 mm f3.5 ML Makroobjektiv auf meiner Contax 137MA. Dann habe ich bei mir zuhause das Treppenhaus vom obersten Treppenabsatz aus fotografiert, um zu vergleichen, wie die beiden Entwickler auf Licht und Schatten reagieren. Die Treppenstufen wurden nur trüb vom durch die Fenster fallenden Tageslicht erhellt. Dabei habe ich für den Testfilm die sogenannte Klebebandtechnik angewendet, wodurch es mir möglich war, alle für solche Testaufnahmen nötigen Einzelbilder innerhalb kurzer Zeit auf dieselbe Filmrolle zu bannen. Das hat reibunglos funktioniert. Außerdem habe ich einige Bilder planvoll über- und unterbelichtet, um eruieren zu können, wie die beiden Entwickler-Kandidaten sich damit schlagen.

Meine Kamera blieb die ganze Zeit auf dem Stativ befestigt. Beim 100 mm Makroobjektiv wählte ich Blende f8. Ich habe hierbei auf die Uhr des örtlichen Kegelclubs scharfgestellt. Mit dem Distagon habe ich bei Blende f5.6 fotografiert, wobei ich auf den Fensterrahmen scharf gestellt habe. Die Blende blieb bei allen Aufnahmen gleich und wurde nur geändert, um über- oder unterzubelichten.

Mit D-76 habe ich nach der Massive Development Chart entwickelt: 11 Minuten, Verdünnung 1+1, 20° C – und damit voll ins Schwarze getroffen. Die Entwicklungszeiten von SPUR dagegen waren für meinen Geschmack etwas lang, also habe ich die empfohlenen 14,5 Minuten auf 12,5 Minuten erniedrigt, und das kam dann irgendwie hin. ACUROL-N kann bis auf 1+100 verdünnt werden. Für den ILFORD DELTA 100 bei 100 ASA empfiehlt Heribert Schain jedoch eine Verdünnung von 1+70 bei 22° C mit dem folgenden Kipprhythmus: 30 Sekunden permanent bewegen, dann alle 2 Minuten 1x [sic!] kippen. Ich habe destilliertes Wasser benutzt. Beide Negativgruppen kamen völlig makellos aus der Entwicklung.

Bloß keine Pixel!

Ich bin Fotograf und kein Pixel-Voyeur. Daher habe ich der Versuchung widerstanden, die Negative bei 3200 dpi einzuscannen und auf meinem Blog hundertprozentige Ausschnitte zu zeigen. Statt dessen habe ich die Negative mit meinem Durst L1200 bis auf 20×16 inch vergrößert (EL-NIKKOR 50 mm f2.8 Objektiv), und zusätzlich einen Ausschnitt des Bildbereichs auf 10×18 Silverprint RC PROOF Paper – das Zeug ist übrigens gar nicht übel. Wenn ich unter den beschriebenen Bedingungen keine merklichen Unterschiede feststelle, kann man meiner Meinung nach unter dem Strich alles andere vernachlässigen. Die Abzüge, die ich in der Dunkelkammer gemacht habe, sind allerdings wesentlich bessere Qualität als die grauenhaften Scans, die mein alter Epson ausgeworfen hat.

Bevor wir zu den Ergebnissen kommen, möchte ich noch kurz anmerken, daß ich nicht wirklich erwartet hatte, irgendwelche weltbewegenden Unterschiede zwischen den beiden Entwicklern festzustellen. Ich glaube, daß Filme und Entwickler, die dafür konzipiert worden sind, das gleiche Resultat zu erbringen, auch tatsächlich das gleiche bewirken. Viele Fotografen, die gleiche Filme und Fotochemie benutzen, erhalten wahrscheinlich deswegen divergierende Ergebnisse, weil jeder von ihnen auf völlig unterschiedliche Art und Weise entwickelt – und eben nicht aufgrund der unterschiedlichen Machart der Produkte. Aber laßt euch von meiner persönlichen Meinung jetzt bloß nicht davon abhalten, mit unterschiedlichen Produkten zu experimentieren, wenn euch der Sinn danach steht. Man lebt nur einmal, wie meine Tochter immer sagt.

Und jetzt zu den Testergebnissen: Es gibt überraschenderweise tatsächlich einen ausgesprochenen Unterschied zwischen den beiden Entwicklern. Wie ILFORD FP4, als er damals (in den späten Sechzigern) auf den Markt kam, sollte der SPUR Entwickler meiner Meinung nach als „vor allem scharf“ vermarktet werden. ACUROL trägt Züge von RODINAL – es ist sehr hoch verdünnbar und erhöht bei wenig Bewegung die Konturenschärfe. Dieser Eberhardt-Effekt macht die Kanten super sauber und zeigt einmal, wie scharf 35 mm Negative eigentlich sein können. Hoffentlich könnt ihr den Bildausschnitt-Scans auch entnehmen, wovon ich rede. Der Effekt ist deutlich sichtbar, wenn ich die Prints in der Hand halte. In den Scans jedoch ist er weniger ausgeprägt.

Korn bitte!

Der Preis, den man dafür zahlen muß, ist allerdings etwas mehr Korn, aber das Korn beim ACUROL ist wunderbar knackig. Ich habe generell kein Problem mit Korn, solange die Schärfe stimmt. Verschmiertes Korn und geringe Konturenschärfe dagegen sind für mich ein Alptraum. Das Korn beim ACUROL hält sich sehr in Grenzen und sticht nur wenig mehr hervor als bei D-76 – aber im direkten Vergleich sieht das D-76 Korn leider matschig aus. In den obigen Bildern seht ihr deutlich das unterschiedliche Korn, und hoffentlich den Unterschied in der Schärfe der beiden Entwickler. Behaltet aber unbedingt im Hinterkopf, das dies jeweils ein Ausschnitt aus einer 20 inch langen Vergrößerung ist. Die unterschiedliche Kornqualität scheint sich wohlgemerkt aus einem normalen Betrachtungsabstand aus zu nivellieren – und um fair zum guten alten D-76 zu sein: Das gilt übrigens auch für die Schärfe.

Hätte ich D-76 als Stammlösung genommen, wäre der Grad der Körnigkeit wahrscheinlich unterschiedlicher gewesen, und zwar wegen der kornunterdrückenden Wirkung, die D-76 ja hat – dann aber wären die Ergebnisse mit diesem Entwickler nicht so scharf gewesen. Bei einer Verdünnung von 1+1 wird mit D-76 der kornunterdrückende Effekt reduziert, und die Kanten werden etwas schärfer. Daher dachte ich, die von mir gewählte Vorgehensweise wäre am besten geeignet, um mit D-76 gegen ACUROL-N aufzuschlagen.

Die Negative, die ich über- und unter- belichtet hatte, um zu untersuchen, wie die beiden Entwickler jeweils mit Schwärzen und Lichtern zurechtkommen, waren leider kein großer Erfolg – denn da habe ich nicht viel Unterschied bemerkt. D-76 hatte leicht die Nase vorn, da es in den oberen Fensterregionen etwas mehr Detail in den Lichtern aufweisen konnte, aber das war im Grunde nicht der Rede wert. Die Belichtung war bei beiden Gruppen identisch, und mit bloßem Auge betrachtet sahen die Schwärzen genau gleich aus. Trotz der hohen Verdünnung von ACUROL-N waren die Lichter differenziert und wurden nicht geblockt. Keine der beiden Negativgruppen zeigte blockierte Lichter, obwohl ich jeweils um zwei Blenden überbelichtet hatte, wobei ich von den Lichtern immer noch ohne weiteres Abzüge hätte machen können.

ACUROL-N reagiert sehr sensibel auf unterschiedliche Entwicklungszeiten und insbesondere auf Bewegung – daher muß man bei der Anwendung sehr präzise vorgehen. Zwei Filme, die ich zuvor nach den Entwicklungsanweisungen von SPUR in ACUROL entwickelt hatte, waren für meinen Geschmack etwas dicht geraten.

Der Vorteil daran ist, das der Entwickler den Aussagen des Herstellers zufolge dafür geeignet ist, den Tonwertreichtum und die Gradation fürs Zonensystem durch N+ bzw. N- Entwicklungen zu steuern. SPUR weist darauf hin, daß hartes Wasser sich aufgrund der hohen Verdünnungen negativ auf die Entwicklung auswirken kann. Zum Ansatz der Arbeitslösung wird daher destilliertes Wasser empfohlen.

Ergebnis

ACUROL ist nicht der bekannteste Entwickler auf dem Markt, aber einer der besten. Er bringt super scharfe, saubere Negative, schöne kräftige Tonwerte, kontrolliertes und knackiges Korn, und es lassen sich mit Leichtigkeit Vergrößerungen damit anfertigen. Das Datenblatt ACUROL-N enthält Entwicklungszeiten für eine Vielzahl von Filmen mit Verdünnungen von 1+25 bis 1+100 und gibt zusätzlich N+ und N- Entwicklungszeiten für Zonensystem-Anwender an.

Es war eine schöne Überraschung für mich, zu sehen, was ein 35 mm Negativ mittlerer Empfindlichkeit für eine Qualität liefern kann. An einem 20 inch Abzug ist in meinen Augen aus einem normalen Betrachtungsabstand besehen mit Hinblick auf Körnigkeit und Schärfe nichts auszusetzen – und ich habe sehr hohe Ansprüche. Ganz genau an dem Punkt, wo die Details in herkömmlichen 35 mm Negativen langsam zu verschwimmen beginnen, kommt auf einmal ACUROL daher und feuert die sichtbare Schärfe noch einmal richtig an. Für einen Print ein echter Gewinn.

Ich habe bei diesem Test Zeiss-Objektive (und ein 35 mm f2 Hexanon an meinem Hexar AF), ILFORD DELTA100 und ACUROL-N verwendet und habe als Ergebnis mit hoher Wahrscheinlichkeit die schärfsten 35 mm Negative erhalten, die ich jemals hatte, außer wenn ich auf den alten KODAK Technical Pan und TECHNIDOL zurückgegriffen habe – und wenn ich jetzt offen sagen würde, wie mir diese Prozedur jedes Mal auf den Keks gegangen ist, wäre das nichts für die Ladies. Als Ergebnis dieses Tests möchte ich ACUROL-N als Hauptentwickler für alle meine Schwarzweißfilme benutzen – ich freue mich schon darauf, Rollfilm damit zu entwickeln.

Bedauerlicherweise ist mir nicht bekannt, daß ACUROL-N bei Händlern in Großbritannien erhältlich wäre. Man kann es in Deutschland bei Macodirect und FOTOIMPEX [oder direkt bei SPUR] bekommen, aber ich würde gerne anregen, daß einige britische Händler es ins Sortiment nehmen. (Update: Ich habe jetzt erfahren, daß SPUR Entwickler in Großbritannien bei www.keyphoto.com erhältlich sind. Ihr müßt euch registrieren, um die Preise sehen zu können, aber es gibt dort eine ganze Reihe von Entwicklern und mehr Chemie – es lohnt sich also, dort mal reinzugucken.)

Wenn man ACUROL-N auf dem Kontinent einkauft, kostet es ungefähr 16 Britische Pfund plus Porto für 250 ml, aber da es sehr lange haltbar ist, ist es wohl eine gute Investition – auch für Fotografen, die vielleicht nicht so viel Film knipsen.

Sogar in einer Verdünnung von 1+50 lassen sich mit einer Flasche mehr als 40 KB Filme damit entwickeln, so daß die Kosten pro Film auf ca. 38 Pennies reduziert werden – günstig im Vergleich zu mittelmäßigen und weniger haltbaren Entwicklern.

Das nächste SPUR Produkt, das ich mir ansehen werde, ist HRX-3 New, eine Feinkorn-Brühe, über die ich voraussichtlich in ungefähr vierzehn Tagen berichten werde.

Bruce Robbins

Deutsche Übersetzung: Anita Schain. Lesen Sie auch das englischsprachige Original des Artikels von Bruce Robbins auf seinem Blog „The Online Darkroom„.